Buchhaltung mit künstlicher Intelligenz
0In diesem Gastbeitrag des langjährigen Thomas-Krenn-Kunden FIS-ASP beschreibt Business Development und Innovation Manager Martin Tempel, wie künstliche Intelligenz bei einem mittelständischen IT-Dienstleister Einzug hält. Bei FIS-ASP werden lokal betriebene GPU-Systeme bei der Entwicklung von KI-Anwendungen für Business-Software eingesetzt – etwa für den Bereich Buchhaltung. Die unmittelbare Folge: Höhere Wettbewerbsfähigkeit.
Die betriebswirtschaftlichen Anwendungen, die FIS-ASP hostet oder im Auftrag seiner Kunden betreibt, lassen sich besonders leicht mit neuen Features ausstatten, die ständig weiterentwickelt werden. Neben der eigentlichen Produktentwicklung verfügen wir über eine eigene Abteilung, die innovative Technologien auf Anwendbarkeit für unsere Produkte untersucht, Machbarkeitsstudien erstellt und Prototypen entwickelt. Das geschieht oft in Zusammenarbeit mit Pilotkunden, an deren Prozessen wir uns orientieren und deren Daten wir verwenden.
Methoden der künstlichen Intelligenz sind für uns schon vor einiger Zeit in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Viele Routineabläufe, etwa bei der Verarbeitung von Dokumenten in der Buchhaltung, erfordern immer noch das Zutun von Sachbearbeitern. Aber auch dort gibt es oft Muster, die sich mit Hilfe neuronaler Netze erkennen lassen und dann eine automatisierte Bearbeitung erlauben.
Die FIS GmbH ist ein unabhängiges, europaweit tätiges Systemhaus mit Schwerpunkt SAP. Als SAP-Partner mit Gold-Status beschäftigt das Unternehmen europaweit über 700 Mitarbeiter. Ein wichtiger Teil der Firmengruppe ist die Tochtergesellschaft FIS-ASP GmbH, die Managed Services, Hosting und Cloud-Dienstleistungen für mittelständische SAP-Kunden anbietet und mehrere Rechenzentren in verschiedenen Ländern Europas betreibt.
Buchhaltungs-KI kontiert Rechnungen
Deshalb galt unser erstes KI-Projekt dem Dokumentenmanagement, speziell der Bearbeitung von Kostenrechnungen in der Buchhaltung. Unser Ziel war, aus einer gescannten Rechnung oder einem PDF die Kontierungsdetails zu ermitteln, die Kostenstelle zuzuordnen und die Person im Unternehmen zu benachrichtigen, die für die Genehmigung der Zahlung zuständig ist.
Bei Materialrechnungen funktioniert das auch ohne KI, denn dieser Prozess ist stark formalisiert und der Genehmigungsprozess wird bereits bei der Bestellanforderung durchlaufen. Anders sieht das bei Rechnungen von Dienstleistern aus. Hier sind die Merkmale so individuell, dass die Durchführung bisher von Hand erfolgen musste.
In KI-Terminologie handelt es sich dabei um ein sogenanntes Klassifizierungsproblem. Das heißt, eingehende Rechnungen sollen je nach Zuordnung zu Kostenstellen oder anderen Kontierungsmerkmalen bestimmte Labels erhalten. Dabei nutzen wir das Konzept des Supervised Machine Learnings mit Hilfe eines neuronalen Netzes. Technologisch setzen wir auf TensorFlow, das populärste Open Source Framework für Machine Learning, und einen Python-basierten Development Stack auf einer Ubuntu-Server-Distribution, ergänzt durch selbst entwickelte Tools.
Das Modell wird also mit Hilfe von Trainingsdaten erstellt und das Resultat bei Testdaten anhand der im Vorhinein bekannten richtigen Zuordnungen abgeglichen. Als Test- und Trainingsdaten dienen echte Rechnungen unseres Pilotkunden.
- Bearbeitung von Kostenrechnungen als Pilotprojekt
- Automatisiertes Auslesen und Zuordnen von Dokumenten
- Supervised Machine Learning verarbeitet komplexe Prozesse
- Verwendung echter Trainingsdaten von Pilotkunden
- Einsatz eines leistungsstarken GPU-Systems
Die Trainingsdaten bleiben im Haus
Das ist auch einer der entscheidenden Gründe, warum wir die Prototyp-Entwicklung auf eigener Hardware betreiben und nicht etwa in der Entwickler-Cloud von Google, die mit den von uns verwendeten Tools sehr gut integrierbar wäre. Rechnungsdaten sind sensible Informationen, deren Integrität unter allen Umständen gewahrt bleiben muss. Bei vielen unserer Kunden sind wir vertraglich verpflichtet, diese nicht oder nur unter sehr strengen Auflagen bei Cloud-Anbietern zu speichern oder zu verarbeiten.
Performance dank GPU-Server
Schnell hat sich gezeigt, dass die Rechenleistung herkömmlicher Mehrkern-CPUs für das Training des neuronalen Netzes nicht ausreicht. Da TensorFlow eine hervorragende Unterstützung von nVIDIA-GPUs bietet, lag die Anschaffung eines GPU-Systems nahe. Unterstützt durch die Berater von Thomas-Krenn entschieden wir uns vor etwa einem halben Jahr für ein System mit der GPU Tesla T4 auf Basis der immer noch aktuellen Turing-Mikroarchitektur. Diese ist speziell für KI-Anwendungen optimiert und bietet bei den hier gefragten Operationen ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Verbaut ist die GPU-Karte in einem Dual-CPU-Server mit zwei Xeon-Silber-CPUs. Thomas-Krenn lieferte uns ein für Linux optimiertes System, was uns zeitraubende Kompabilitätsprüfungen für einzelne Komponenten ersparte.
Fazit: Buchhaltung mit KI
Die Reise in die Welt der künstlichen Intelligenz hat für uns damit gerade erst begonnen. Parallel zur KI-gestützten Buchhaltung wurden Projekte zur Harmonisierung von Stammdaten mittels künstlicher Intelligenz gestartet, sowie die Entwicklung von Chatbots als intelligente persönliche Assistenten. Damit soll sich die User Experience des Anwenders stark verbessern. Auch hier benutzen wir für die Entwicklung unseren GPU-Server. Unser bisheriger Weg hat gezeigt, dass ein möglichst flexibles, auch hardwareseitig gut unterstütztes Framework für die effiziente Entwicklung hilfreich ist. TensorFlow bzw. Keras hat sich dabei als gute Wahl erwiesen. Außerdem sind nur dann gute Ergebnisse zu erwarten, wenn Trainings- und Testdaten den realen Bedingungen im künftigen Einsatz entsprechen. Bei Business-Anwendungen wie Buchhaltung ist es nahezu unerlässlich, mit echten Daten von Pilotkunden zu arbeiten. Um diese oft sensiblen Informationen zu schützen, halten wir es für richtig, Entwicklung und Training der Modelle auf Servern unter eigener Kontrolle zu betreiben.