Mehr als Hosting – Interview mit Flying Circus
1Im Interview mit dem TKmag erläutert Christian Theune, Geschäftsführer der Flying Circus GmbH, wie sich PaaS mit individuellen Dienstleistungen verträgt und warum ein guter Hardware-Partner dabei wichtig ist.
TKmag: Die offensichtliche Frage zuerst: Wie kommt man als junges IT-Unternehmen darauf, sich nach einer alten britischen Komikertruppe zu benennen?
Christian Theune: Das Unternehmen, aus dem der Flying Circus hervorgegangen ist, und unser Team haben seit 2000 mit der Programmiersprache Python erfolgreich Projekte umgesetzt und wir sind auch in der Python-Szene international engagiert. Daher ist der Name als Hommage gedacht – zumal der Python-Erfinder Guido von Rossum die Sprache eben nach den Komikern benannt hat und nicht nach dem Tier.
TKmag: And now for something completely different: Lässt es sich in wenigen Worten beschreiben, was Flying Circus eigentlich tut?
Christian Theune: Der Flying Circus betreibt individuelle, unternehmenskritische Webanwendungen. Man könnte einfach Hosting sagen, aber das ist eigentlich nur ein kleiner Teil: Uns geht es nicht um den billigsten Root-Server oder die billigste VM-Infrastruktur. Wir richten uns an Entwicklerteams, die im Auftrag von oft sehr großen Unternehmen umfangreiche Software auf der Grundlage von Open Source Bibliotheken wie Django, Rails oder ähnlichen Frameworks, und Open Source Komponenten, also Webserver, Datenbanken, Cache-Server etc. entwickeln, die genau den Bedürfnissen des Unternehmens entspricht und durch die es sich von seinen Konkurrenten abhebt. Agilität und schnelle Entwicklungszyklen spielen dabei eine entscheidende Rolle.
TKmag: Mit diesem Anspruch treten aber auch typische PaaS-Anbieter wie Heroku oder Red Hat mit OpenShift an. Auch die versprechen Flexibilität und Komplexitätsmanagement auf der Grundlage einer standardisierten, individualisierbaren Plattform. Was unterscheidet Sie von denen?
Christian Theune: Wir sehen uns nicht als reiner Plattform-Anbieter, sondern als aktiver Partner von Entwicklerteams und deren Kunden. Es gibt vor allem zwei Risiken, bei denen der Flying Circus eingreift: Komplexität und Zuverlässigkeit. Wir helfen Entwicklern dabei, mit der ständig steigenden Auswahl von Werkzeugen den größten Nutzen beim Kunden zu erzielen, während der Kunde sich trotz der steigenden Komplexität darauf verlassen kann, dass seine Anwendung heute, morgen und auch in den nächsten Jahren zuverlässig und sicher läuft.
TKmag: Also doch eher individueller Dienstleister als Plattform-Betreiber?
Christian Theune: Beides. Wir haben eine Plattform, mit der wir die Kosten für Infrastruktur im Griff halten können und bei der die Individualisierung im Vordergrund steht. Gleichzeitig erledigen wir die Hausaufgaben, die einfach gemacht sein müssen, effizient für alle Kunden auf die gleiche Weise.
Das Gesamtpaket sieht so aus, dass wir Entwickler schon bei einer Ausschreibung zu Betriebsthemen beraten und bei der Auswahl von Komponenten und Konzepten helfen. Wir stellen ein Gesamtkonzept für den Betrieb inklusive Hardware, Infrastruktur, Plattform und Service zusammen. Bei der Entwicklung begleiten wir dann konkrete Anforderungen, gerade bei agilen Projekten, die darauf ausgelegt sind, auch im Flug noch Änderungen aufzunehmen. Bei der Inbetriebnahme kümmern wir uns darum, dass definitiv alles stimmt, Daten und Domains ordentlich migriert werden und der Support auf die Anwendung vorbereitet ist.
TKmag: Typische Kunden sind also anspruchsvolle Softwareschmieden, die mit Sicherheit oft auch ihre ganz eigenen Vorstellungen davon haben, wie die Verzahnung von Entwicklung und Plattform-Betrieb, also DevOps, konkret auszusehen hat. Wie gelingt es Ihnen, individuelle Anforderungen mit dem vorhandenen Stack in Einklang zu bringen?
Christian Theune: Mit Transparenz, die einer unserer zentralen Ansprüche ist. Technik ist bis zu einem gewissen Grad immer nur mit Wasser gekocht: Wir verzichten bewusst auf magische Komponenten wie einen Supermega-Load-Balancer, sondern legen unsere Technik komplett offen. Zum einen ist unsere Plattform als Open Source veröffentlicht, zum anderen kann jeder Kunde oder Entwickler alle Bestandteile seiner Anwendung im Detail unter die Lupe nehmen: Vom ersten IP-Paket auf seiner IP-Adresse bis hin zum Webserver, zum Load-Balancer oder jedem einzelnen Framework-Modul.
Zum Zweiten nutzen wir die Möglichkeiten moderner Automatisierungswerkzeuge: Wir können für den Webserver zentrale Vorgaben machen und uns zum Beispiel um die kontinuierliche Absicherung der SSL-Optionen kümmern, während ein Kunde seine virtuellen Server selbst konfiguriert ohne einen Mittelsmann zu brauchen. Selbst wenn wir die gesamte Konfiguration bei einem Projekt übernehmen, erhält der Kunde immer seine individuelle Konfiguration in einem einsehbaren Repository.
TKmag: Der Stack, um den sich Flying Circus kümmert, geht also von der Hardware bis hinauf zu den Entwicklungsframeworks. Uns interessiert natürlich vor allem, was Sie von einem guten Hardware-Partner erwarten.
Christian Theune: Ein guter Hardware-Partner setzt die Transparenz und Ehrlichkeit fort, mit der wir bei unseren Kunden punkten. Zu häufig haben wir in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen damit gemacht, dass wir nicht wussten, welche Komponenten eigentlich verbaut sind, beispielsweise herstellerspezifisch umbenannte RAID-Controller, oder dass Fähigkeiten der Hardware bewusst eingeschränkt wurden, etwa mit Leerblenden bei Festplattenslots, sodass man weitere Festplatten überteuert einkaufen musste.
Wir wollen außerdem nicht mit Dutzenden Ansprechpartnern konfrontiert sein. Bei Servicefällen erwarten wir, dass unser technisches Know-how respektiert und nicht mit einem standardisierten Gesprächs-Skript beantwortet wird, in dem dann tatsächlich die Frage auftaucht, ob das von uns eingesetzte Gentoo jetzt ein Linux sei oder nicht.
TKmag: Hier drängt sich natürlich die Vermutung auf, dass Ihr Modell von dem der Thomas-Krenn.AG gar nicht so verschieden ist: Hoher Automatisierungsgrad im Onlineshop verbunden mit individuellem Service.
Christian Theune: Da ist was dran. Mit dem Shop haben wir in der Tat sehr gute Erfahrungen gemacht. Er erlaubt uns, schnell Konfigurationen durchzuspielen, die Informationen sind gut aufbereitet und es ist auf einen Blick zu erkennen, um welche Originalteile es sich handelt. Da lassen sich auch schnell Ungereimtheiten ausräumen, falls wir mal etwas falsch verstanden haben oder falls sich mal der Fehlerteufel eingeschlichen hat. Nach der Konfiguration können wir uns über die gespeicherten Warenkörbe direkt mit unserem Berater austauschen, der uns wiederum inzwischen kennt und auch schon von Angesicht zu Angesicht gesprochen hat.
Die Flexibilität im Service ist tatsächlich phänomenal, und statt Formalismen regiert der gesunde Menschenverstand. Andere Anbieter hatten schon mal verlangt, dass wir als erstes Firmwares updaten, wenn eine Festplatte oder ein Netzteil ausgefallen ist. Bei der Thomas-Krenn.AG gibt es dagegen sehr progressive Angebote, um Hardware bei Problemen so zu tauschen, dass zuerst das Problem gelöst wird. Beispielsweise finden wir es klasse, wenn wir vorab einen gesamten Satz an RAM-Riegeln erhalten und nicht einzeln jede Bank testen müssen, falls bei bestimmten Boards ein RAM-Ausfall nicht genau zu diagnostizieren ist.
TKmag: Schafft es die Thomas-Krenn.AG hin und wieder, Sie noch zu überraschen? Idealerweise natürlich im positiven Sinn?
Christian Theune: Durchaus. Zuletzt bei der Umstellung unserer Storage-Systeme auf Ceph. Nachdem wir zuerst eine, vorsichtig ausgedrückt, suboptimale Konfiguration in Betrieb genommen hatten, gab es schnelle und kompetente Unterstützung dabei, das Bottleneck zu diagnostizieren und Lösungsoptionen anzubieten. Die Hardware wurde dann schnell geliefert und die gekauften Maschinen umgerüstet. Dabei haben wir gegenseitig über zwei bis drei Runden voneinander gelernt, wie eine gute Hardware-Konfiguration für diesen Anwendungsfall aussieht.
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